“Wenn du bemerkst, dass Du ein totes Pferd reitest, steig ab!”
Schlüchtern. Eine neue Hiobsbotschaft aus der “Kleinmarkthalle” wurde gestern in den Kinzigtal Nachrichten verkündet: Nun bremst der Brandschutz das Projekt aus. Der FDP-Ortsverbandsvorsitzende und Stadtverordnete Alexander H. Klüh wundert sich: “Eigentlich sollten die Räumlichkeiten nur für 12 Monate angemietet werden. Diese sind um und es gelang in dieser Zeit nicht, der Kleinmarkthalle Leben einzuhauchen. Ein Musterbeispiel, warum eine Verwaltung sich nicht unternehmerisch betätigen sollte!”
In der Stadtverordnetenversammlung vom 16.12.2019 wurde beschlossen, die Räumlichkeiten neben dem Rathaus zunächst für 12 Monate anzumieten. Diese sind um und in der Zwischenzeit passierte nichts. Warum? Für FDP-Mann Klüh liegen die Fakten auf der Hand: “Man versucht hier seit Jahren eine Totgeburt künstlich am Leben zu halten. Fördergelder sind immer auch Steuergelder, die Bürger und Unternehmer redlich erwirtschaften – und die in solchen Projekten mutwillig verbrannt werden. Das muss aufhören!”
Bereits vor einigen Jahren sei bei den ersten Zusammenkünften potenzieller Anbieter der Kleinmarkthalle klar geworden, dass die Möglichkeiten zur Umsetzung kaum gegeben waren. Die meisten Anbieter betreiben eigene Hofläden und können kein weiteres Personal abstellen, der Wochenmarkt am Dienstag ist gut etabliert und für dauerhafte Angebote das Einzugsgebiet Schlüchterns schlichtweg zu klein. Nach ersten Veranstaltungen zogen sich einzelne Akteure bereits wieder zurück, von “Werbung” alleine kann man schließlich nicht leben. Mit der “Kleinmarkthalle on Tour” konnte schließlich eine Serie von Veranstaltungen aufgelegt werden, die bei Ausstellern wie Besuchern gleichermaßen gut ankamen. “Hier machte sich dann aber auch bald Unmut breit: Die Akteure haben ihre Hausaufgaben gemacht, versprochene Leistungen aus der Verwaltung blieben aus”, erinnert sich Klüh. Dabei ist die Rede von Werbemaßnahmen, die nicht umgesetzt oder von Veranstaltungsflyern, die erst nach der Veranstaltung fertig wurden. Zudem seien plötzlich, temporär und ohne Rücksprache neue Akteure hinzugekommen, die in keinen sinnvollen Zusammenhang mit Direktvermarktung oder -erzeugung zu bringen waren.
Damit nicht genug: Die Verwaltung hatte sich die Kleinmarkthalle schließlich ausgedacht, um bei „Aktive Kernbereiche“ zu punkten. Was bislang nicht funktionierte, sollte nun professionalisiert werden. Beispielsweise mit der ebenfalls mit Fördermitteln finanzierten “Regiobox”, die am Weihnachtsmarkt in Frankfurt (“Schlüchterner Tanne”) immerhin wenige Dutzend Abnehmer fand. Dafür mussten interessierte Kleinmarkthallenakteure täglich zum Dienst nach Frankfurt fahren.
In eingangs genannter Stadtverordnetenversammlung wurde dann schließlich beschlossen, für dieses “Musterprojekt” Räumlichkeiten anzumieten, die bis heute nicht bezogen werden konnten. “In 2020 hieß es auf Nachfrage, der Start verzögere sich aufgrund von Corona. Ende Januar 2021 ist es plötzlich der Brandschutz. Dabei dürfte der 12-monatige Mietvertrag eigentlich bereits abgelaufen sein”, wundert sich Klüh.
Wobei, eigentlich wundert den FDP-Stadtverordneten garnichts mehr: “Was soll man dazu noch sagen, Kopfschütteln alleine reicht da nicht mehr aus: Man propagiert eine ‘Kleinmarkthalle’, unter der man sich, wenn man denn schon mal in einer solchen war, eigentlich etwas Bestimmtes vorstellt. Man vergleiche nun Wunsch (Illustration ‘Kleinmarkthalle’) und Wirklichkeit (zu bestaunen links vom Rathaus). Aus der ‘Kleinmarkthalle’, in der heimische Direktvermarkter mit mehr Flair im persönlichen Gespräch selbst erzeugte, qualitativ hochwertige und sicherlich teils erklärungswürdige Produkte feil bieten sollten, sind ein paar Regale im Hinterzimmer eines Gemüseladens geworden, wo zeitgleich auch noch eine Suppenküche betrieben werden soll.”
Im Oktober 2019 verkündete Bürgermeister Möller, es gäbe es so viele Interessenten, dass “derzeit eine Überdeckung bei Miete und Nebenkosten besteht“, also erwartete Zahlungen höher sind als die Kosten (KN vom 30.10.2019). Die FDP-Fraktion will nun per Anfrage klären lassen, ob und wie sich diese Erwartungen realisiert haben. Laut KN vom 29.01.2021 sind jedenfalls von den 18 Interessierten (KN vom 4.10.2019) nur noch sechs “Beschicker” übrig geblieben. Nach Ansicht der Liberalen verstricke die Verwaltung sich in Projekten und Themenfeldern, die sie nicht beherrscht und ihre eigentliche Arbeit bleibe auf der Strecke.
Klühs Resüme: “Wenn Du bemerkst, dass Du ein totes Pferd reitest, steig ab! Das von der Stadt forcierte Konzept einer stationären ‘Kleinmarkthalle’ sehen wir Liberalen schon länger als gescheitert an. Hier wurde aus dem Rathaus über Jahre ‘Show & Shine’-Politik vom Allerfeinsten gemacht und es bleibt zu befürchten, das weitere der 30 durch den Bürgermeister angestoßenen Projekte so enden werden …”
Foto: KN vom 5.10.2019 / Stadtverwaltung
Berichterstattung in den Kinzigtal Nachrichten: KN vom 01.02.2021
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