19. Feb. 2008: FDP Schlüchtern – Stellungnahme zum Heimatmuseum

Stellungnahme der FDP Fraktion vom 11. Februar 2008

Herr Vorsitzender, Meine Damen und Herren,

am Samstag stand in der Kinzigtalzeitung in Bezug auf das Bergwinkelmuseum und insbesondere die Modelleisenbahn die Überschrift „Union stellt die Signale auf rot“. Mir kam dann natürlich sofort die Frage, warum haben sie denn die Signale überhaupt auf grün gestellt, oder warum – wenn wir nicht mehr auf die Grundentscheidung schauen wollen – warum haben sie denn als Magistratsmitglieder nicht wenigstens unterwegs die Notbremse gezogen?

Gleiches, meine Damen und Herren, gilt im übrigen für alle im Magistrat vertretenen Fraktionen dieses Hauses. Die FDP hat sich als einzige Fraktion in diesem Hause von Anfang an geschlossen und konsequent gegen den Umbau des Bergwinkelmuseums und selbstverständlich auch gegen sämtliche Kostensteigerungen ausgesprochen. Was wir hier heute vor uns sehen ist ein völliges Versagen aller Kontrollinstanzen in der Verwaltung und in der Politik, eine Situation, die man von außen gesehen nur mit fassungslosem Kopfschütteln begleiten kann, die ein klassisches Beispiel dafür ist, wie man Politikverdrossenheit weiter befördern kann. Versagen ist hier im doppelten Sinne gemeint: entweder wollte man es so, dann war es verantwortungslos in Bezug auf die finanzielle Lage der Stadt, oder man wollte es nicht, dann ist der Teuerungsprozess völlig den Kontrollen entglitten.

Ich habe an dieser Stelle vor vier Jahren nicht nur gegen das Projekt als solches votiert sondern auch vor den zu erwartenden Kostensteigerungen und Folgekosten gewarnt. Ich hätte mir allerdings nicht im Traume vorstellen können, dass wir nicht nur eine Kostensteigerung haben, sondern eine Verdoppelung der Kosten. Berücksichtigt man, dass im Netto, also nach Abzug aller Zuschüsse, am Ende für die Stadt 600.000,- Euro etwa übrig bleiben, so ist der Nettomehrbetrag sogar noch über das Doppelte hinaus, da ursprünglich unser Beitrag mit 250.000,- Euro beziffert wurde. Das heißt, wir haben im Nettobereich sogar eine 140prozentige Kostensteigerung gegenüber den ursprünglichen Planungen vor uns liegen.

Meine Damen und Herren, wir haben im Ältestenrat ja versucht, eine Fehleranalyse zu betreiben und was sich da herausgebildet hat ist ein Mix aus Kompetenzwirrwarr, unzureichender persönlicher Chemie zwischen den Handelnden, ein sich überlassen des Projekts der eigenen Dynamik, keine zentrale Koordination oder Kontrolle. Anlässlich eines Besuches im Museum und Besichtigung der Modelleisenbahnanlage vor einer Woche wurde mir von den beiden hauptamtlichen Akteuren mitgeteilt, dass nach ihrer Ansicht bei der Modelleisenbahnanlage etwa 50.000,- Euro hätten eingespart werden können, wäre man ihrem Rat gefolgt, zudem sind bestimmte Einbauten, wie etwa die Verglasung, völlig kontraproduktiv und werden die Effekte der Eisenbahnanlage erheblich reduzieren. Alle entsprechenden Einsparvorschläge seien entweder vom Architekten zurück gewiesen worden oder in der Verwaltung auf taube Ohren gestoßen. Wenn das bei der Modelleisenbahnanlage schon so ist, wage ich gar nicht darüber nachzudenken, was das für den komplexen Aufgabenbereich des Berwinkelmuseums überhaupt bedeutet. Das wird keiner mehr wirklich feststellen können, bzw. der Aufwand, dies festzustellen ist so hoch, dass er das Ergebnis nicht rechtfertigen wird.
Lassen sie mich noch mal zum Versagen der Kontrollinstanz kommen. Da wird in der fraglichen Zeitungsnotiz vom Herrn Schad kolportiert, auf die Frage, warum man denn diese Erhöhung mitgetragen habe und nicht bemerkt habe, die Rechnungen kämen tröpfchenweise herein.

Ja, sehr verehrter Herr Kollege Schad, da halte ich dann doch atemlos inne und bin sichtlich irritiert, das haben Kostensteigerungen nun mal so an sich, dass sie tröpfchenweise ankommen und es ist genau die Funktion als Magistratsmitglieder, dieses nachzufragen, zu überprüfen und sich hier nicht auf die Verwaltung zu verlassen, in der Annahme, man werde Ihnen schon rechtzeitig den Saldo des Gesamtstandes mitteilen. Nein, hier liegt ihre Verpflichtung und so kompliziert ist das ja nun einfach auch nicht. Sie haben die Haushaltsansätze, also die Planzahlen vergleichen Sie mit den laufenden Zahlungen, saldieren und vergleichen simpel. Jede kleine Familie rechnet so ihre Ausgaben. Ich möchte noch mal betonen, wir als FDP sitzen nun leider, oder in diesem Fall sogar Gott sei Dank nicht im Magistrat aber in einer vergleichbaren Situation vor vielen Jahren hat der Kollege Werkmeister, nämlich beim Bau der Stadthalle, als sich ein ähnliches Kostensteigerungsdesaster abzeichnete, aus Protest darüber, dass seine ständigen Mahnungen den Kostenrahmen einzuhalten, von der Mehrheit überstimmt wurden, den entsprechenden Ausschuss verlassen und hat damit eine Öffentlichkeitswirkung herbeigeführt. Diese Notbremse hätten Sie alle, die Sie im Magistrat sitzen, betätigen können, anstatt sich jetzt pharisäerhaft zu geben und die Fehler der Verwaltung zu bejammern.

Meine Damen und Herren, zu den konkret vorliegenden Anträgen. Selbstverständlich, und wir haben im Ältestenrat entsprechend votiert, müssen die noch offen stehenden Handwerkerrechnungen bezahlt werden. Wir waren uns im Ältestenrat zudem darüber einig, bedauerlicherweise kommt das in der Magistratsvorlage wieder nicht vor, dass die offen stehenden Architektenrechnungen in Höhe von ca. 8.000,- Euro zunächst nicht ausbezahlt werden bis der Bericht des Rechnungsprüfungsamtes vorliegt. Demzufolge müssen von der zu bewilligenden Summe auch diese 8.000,- Euro noch abgezogen werden. In Bezug auf die Verlängerung der Werkverträge mit den Modelleisenbahnern teilen wir die Meinung der CDU und denken, dass sie nicht verlängert werden sollen und halten es für unschädlich, wenn die Modelleisenbahn statt im Mai dann im Herbst oder im frühen Winter einsatzfähig ist. Uns haben die hauptamtlichen und ehrenamtlichen Modellbauer glaubhaft und nachdrücklich versichert, dass sie, wenn sie keine Werkverträge bekommen, ehrenamtlich weiter arbeiten und haben lediglich auf den Zeitfaktor verwiesen.
Klar muss aber auch sein, und das kommt in den Vorlagen gar nicht vor, dass natürlich noch Sachkosten, und nach Angaben der Modellbauer bewegen diese sich zwischen 2.000,- und 3.000,- Euro, für die Vervollständigung der Modelleisenbahn genehmigt werden müssen, sonst haben alle Investitionen die wir bisher getätigt haben überhaupt keinen Sinn.

Sofern Sie die Zeit finden, empfehle ich Ihnen, sich die Eisenbahn einmal in Ruhe anzuschauen, dann wird Ihnen die Plausibilität dieser vergleichsweise geringen Forderung schnell deutlich werden. Ich möchte an dieser Stelle auch nochmals eindeutig mitteilen, dass im Rahmen eines persönlichen Gesprächs mit den Modellbauern vom Eindruck des „Gschmäckle“ nichts übrig geblieben ist. Die Tatsache, dass insbesondere auch die Hauptakteure neben ihrem Werkvertrag noch mal ca. 100 Stunden im Monat ehrenamtlich gearbeitet haben, verweist auf ihr Engagement, von daher besteht von uns aus kein Anlass, diesen ursprünglich im Raum stehenden Befürchtungen weiter nachzugehen. Freilich hätte man auch mit diesen Aspekten transparenter und wesentlich geschickter umgehen können.
Diese ganze Debatte nun auch noch mit inhaltlichen Fragen zu verknüpfen, wie Sie Kollege Weiß auch in einem entsprechenden Zeitungsartikel am Samstag suggerieren – ich verweise auf Ihre Hinweis, dass die Modelleisenbahn auch deswegen nicht weiter zu genehmigen sei, weil sie nicht die historische Situation in Elm sondern die aktuelle Situation zeigt – halte ich für völlig gegenstandslos, diese Debatten über inhaltliche Schwerpunkte und konzeptionelle Aspekte hätten zu einem viel früheren Zeitpunkt geführt werden müssen, sie sind heute völlig sinnlos, lenken nur von den eigentlichen Kernproblemen ab.

Die Folgekosten der Modelleisenbahn nicht zu übernehmen, wie Sie vorschlagen, schlägt dem Fass Ihrer Argumente endgültig den Boden aus. Abgesehen davon, dass Ihre Berechnung der Folgekosten falsch und viel zu hoch angesetzt ist, ist dieser Vorschlag wirklich abenteuerlich: zuerst investieren wir – und zwar ohne einen Widerstand ihrerseits im Magistrat 230.000,- Euro, dann legen wir alles still – aberwitzig.

Meine Damen und Herren, diese gesamte Situation ist dazu geeignet, alle Klischees über öffentliche Verwaltung und Politik an Stammtischen und überall zu vertiefen. Dies ist für mich neben dem Vorgang als solchen das eigentlich Schmerzhafte und Bedenkliche und ich hoffe zumindest, dass in den kommenden Projekten Lernerfahrungen aus diesem Desaster einfliesen. Wir werden versuchen, das unsrige dazu beizutragen.

Ich danke Ihnen.

Dr. Peter Büttner, FDP-Schlüchtern