FDP Fraktion
Alexander H. Klüh
29. Januar 2024
Haushaltsrede 2024
Herr Vorsitzender, meine Damen und Herren,
als Letzter in dieser Runde möchte ich ihre Geduld und Aufmerksamkeit nicht mehr über Gebühr strapazieren und mich entsprechend kurz fassen.
Die weltpolitische Lage muss ich ihnen nicht erneut erläutern, es reicht – so denke ich – aus, zusammenzufassen: Die Zeichen stehen auf Sturm!
Wie sich die bundesfiskalischen Turbulenzen weiter auf Länder und Kommunen auswirken, ist noch offen.
Wir erleben global eine Verdichtung von Krisen, es ist eher eine Zunahme statt Entlastung in Aussicht.
Man kann also das Bild im Moment eigentlich nicht düster genug zeichnen.
Zum Haushalt im Allgemeinen:
Hier wollen wir zunächst nicht ganz so schwarz malen. Die Durchdringung des vorliegenden Papiers fällt aber – gerade für uns Ehrenamtler in unserer Freizeit – von Jahr zu Jahr nicht leichter, im Gegenteil. In den Vorjahren haben wir uns, durch mittlerweile sogenannte Projekte auf Großstadtniveau, in die Lage versetzt, das für Klein-Klein kein Augenmerk mehr bleibt, und selbst wenn man hier oder da ein paar Groschen sparte, wäre die Welt damit auch nicht mehr zu retten. So weit, so gut. In den meisten Fällen handelt es sich hier ja auch um Umstände, die wir Liberalen, wenn auch nicht ohne entsprechende Kritik, letztlich mitgetragen haben.
Das Gesamtvolumen des Etats beträgt nun also 46,670 Millionen Euro. Die Erträge belaufen sich auf exakt 46,670 Millionen Euro, die Aufwendungen liegen bei 46,560 Millionen Euro. Wir haben also einen Überschuss von 110.000 Euro zuzüglich außerordentlicher Erträge von 10.000 Euro. Der in der Haushaltsplanung 2024 ausgewiesene Fehlbedarf in Höhe von -705.000 € kann durch aus den Rechnungsabschlüssen der Vorjahre vorhandenen Rücklagen gedeckt werden.
Die Planung sieht davon abgesehen für 2024 noch weitere Investitionen in erneuter Rekord-Höhe von 16 Millionen Euro in Schlüchtern und allen Stadtteilen vor.
Der Schuldenstand steigt damit auf nun über 45 Millionen Euro, zuzüglich der im Eigenbetrieb Stadtwerke aufgelaufenen 22 Millionen. In Summe: Über 65 Millionen Euro langfristige Verbindlichkeiten, meine Damen und Herren.
Konkret zum vorliegenden Haushalt für das Jahr 2024:
Wir Liberale betrachten die Stadtpolitik unter vier, aus unserer Sicht wichtigen, Aspekten: “Wohnen”, “Wirtschaft”, “Soziales und Kultur” sowie “Haushalt”. Anhand derer möchte ich nun fortfahren.
Wohnen:
Aus dem ursprünglich geplanten bezahlbaren Wohnraum auf dem Langer Areal soll nun (möglicherweise vorläufig) ein Parkdeck werden. Nun, ob eine 1A Innenstadtlage der dafür geeignete Platz ist, sei dahingestellt. Das innerstädtische Parkplatzproblem werden diese paar wenigen Stellplätze aber sicher nicht lösen.
Dafür erscheint das brach liegende Vogt Areal künftig als Konglomerat verschiedenster Nutzungsformen und Zielgruppen. Dass uns dies bereits in der Konzeptphase nicht überzeugt hat, muss ich heute Abend nicht wiederholen.
Bereits im Vorjahr habe ich an dieser Stelle daran erinnert, dass wir 2019 beschlossen haben, neue Baugebiete zu sichten – und haben dafür 10.000 € Planungskosten bereit gestellt. Passiert ist nichts. Nun lahmt zwar aktuell der Markt für private Bauten, um nicht zu sagen er ist aufgrund verschiedener Faktoren zum Erliegen gekommen. Das wird aber nicht für immer so bleiben – und wenn es wieder los geht, sollten wir Möglichkeiten für Familien bereithalten, in Schlüchtern oder den Ortsteilen sesshaft zu werden.
Den Zuzug benötigen wir aufgrund der demografischen Entwicklung auf jeden Fall. Seniorengerechte Wohnangebote ebenso.
Was wir dringend im Auge behalten sollten – und auch das habe ich bereits im Vorjahr angemahnt – ist der Lückenschluss insbesondere in den Ortsteilen. Dies ist nicht nur wichtig um das Leben auf den Dörfern, sondern auch um die dortige Infrastruktur aufrecht zu erhalten.
Wirtschaft:
Beurteilt man die wirtschaftliche Lage anhand des ausgewiesenen, beziehungsweise geplanten Aufkommens an Gewerbesteuer, scheint die Welt noch in Ordnung. Doch wie eingangs bereits formuliert, die dunklen Wolken sind aufgezogen. Allen voran der Baubranche geht es schlecht, auch in anderen Branchen schlägt der jahrelang anhaltende Optimismus in die gegenteilige Richtung um.
Dies zwar aus Gründen, die wir in Schlüchtern nicht zu verantworten haben. Aber eben dieser Umstand beschreibt auch die Krux mit der Gewerbesteuer recht eindeutig: Wir können an dieser Stellschraube im Grunde nicht drehen, sondern müssen es nehmen, wie es kommt.
SEG: Zunächst wurde der SEG ja der Betrieb der Erlebniswelt übertragen, mittlerweile ist aus der Stadtentwicklungsgesellschaft der reinste Gemischtwarenladen geworden. Man fragte sich zwischenzeitlich, wer die ganzen übertragenen Arbeiten denn ausführt – die Personaldecke ist aktuell noch recht dünn.
Nun konnte uns der Bürgermeister bei der Besprechung des vorliegenden Haushalts erläutern, warum die SEG plötzlich soviel zu tun bekommt – und glaubhaft vermitteln, die Umsetzung sei sichergestellt.
Sicherstellen sollten wir aber auch, dass die SEG nicht zur staatlich subventionierten Konkurrenz heimischen Gewerbes wird.
Nicht nur aufgrund der aus unseren städtischen Haushalten an die SEG übertragenen Millionensummen sollten wir das gesamte Tätigkeitsspektrum auch außerhalb des Aufsichtsrats, nämlich hier in diesem Hause, künftig mindestens einmal jährlich systematisch analysieren.
Die Notwendigkeit einer Bergwinkel Energie-Gesellschaft ist uns nicht ganz klar. Schaut man in die Nachbarkommunen, sieht man bereits gescheiterte Projekte aus den Vorjahren. Expertise ist bei uns nicht vorhanden, bei Flächen ist man auf den Zusammenschluss mehrerer, vielleicht sogar vieler Grundbesitzer angewiesen. Der Flächenverbrauch von erneuerbaren Energien ist sehr unterschiedlich und geht letztlich zu Lasten der regionalen Landwirtschaft! Wir sind uns nicht sicher, wie und warum das funktionieren soll und halten das Ansinnen für ein rein privatwirtschaftlich zu regelndes. Wer einen lokalen Partner dafür benötigt, findet diesen beispielsweise bei den Kreiswerken.
Soziales und Kultur:
Die Fertigstellung des KUBE ist für die Jahresmitte geplant und die dort angesiedelten Kindergartengruppen werden etwas Entspannung in die Belegungssituation bringen. Die neue Waldkindergartengruppe in Niederzell trägt ebenso dazu bei, wie die Erweiterung in Wallroth. Nichtsdestotrotz bleibt der Bereich der Kinderbetreuung ein Sorgenkind: Von finanzieller wie auch personeller Seite her gesehen.
Auch die Erlebniswelt in den oberen Geschossen des KUBE soll ihre Pforten öffnen: Hier wird sich dann im Laufe des Jahres zeigen, ob die geplanten Besucher- und Umsatzzahlen sich tatsächlich realisieren lassen.
Schwimmbäder: Die Sanierung des Freibads schlägt in diesem und den Folgehaushalten mit rund 16 Millionen Euro zu Buche. Für das Hallenbad sollen sich auch bereits Reparaturarbeiten ankündigen. Klar, Pflichtaufgaben, aber eben auch viel Geld – und eben nicht die einzigen Multimillionenprojekte auf unserer Agenda.
Haushalt:
Wie eingangs bereits erläutert sehen wir bei einem Gesamtvolumen von 46 Millionen Euro am Ende ein hauchzartes Plus, das bereits in der Planung schon nur buchhalterisch entsteht. Spitz auf Knopf haben wir im Vorjahr gesagt – und das bleibt auch so.
Wir respektieren an dieser Stelle jedoch ausdrücklich die Leistung, dass dies – nämlich die Gestaltung eines ausgeglichenen Haushalts – nun bereits mehrere Jahre in Folge gelingt – und rückblickend betrachtet in tatsächlichen Zahlen sogar noch besser ausfällt, als zunächst auf dem Papier.
Der Bürgermeister lässt auch keine Zweifel an seiner Kreativität aufkommen, auch künftig haushaltskonsolidierend agieren zu wollen.
Daneben reissen wir aber auch die Verschuldungsmarke von 45 Millionen Euro. Der Haushalt hält dabei eine interessante Grafik bereit: Wie sich die Pro-Kopf-Verschuldung je Einwohner von 943 € im Jahre 2022 auf 1716 € in 2024 und schließlich 2079 € in 2027 mehr als verdoppelt.
Im Eigenbetrieb Stadtwerke finden sich für die aktuell geplante Sanierung der wasser- und abwassertechnischen Anlagen und Leitungen Investitionen in Höhe von rund 14,7 Millionen Euro. Und: Aufgrund unserer topographischen Lage und dem entsprechend umfangreichen Leitungsnetz wird das in diesem Bereich nicht das Ende der Fahnenstange sein.
Sie erinnern: In Summe mit den Stadtwerken reden wir gar über 65 Millionen Euro langfristige Verbindlichkeiten, meine Damen und Herren.
Weitere Multimillionenprojekte befinden sich bereits in den Startlöchern, beziehungsweise im Investitionsplan: Hier möchte ich beispielhaft nur den neuen Feuerwehrstützpunkt in Schlüchtern nennen.
“Die Hebesätze für Grundsteuer A und B sowie für die Gewerbesteuer bleiben stabil – und das schon seit 2014”, schrieb der Bürgermeister in seiner Haushaltsrede. Doch ändert sich bekanntermaßen die Bemessungsgrundlage der Grundsteuer ab 2025. Wie es dann weitergeht? Wie sagte der Bürgermeister am gestrigen Neujahrsempfang: Schau mer mol!
Der Verwaltung, insbesondere der Kämmerei, vielen Dank für die Vorbereitung dieser Vorlage – der wir zustimmen werden. Guten Abend!