FDP sieht Vorhaben kritisch: “Nicht alles was gefördert wird, muss auch gebaut werden!”
Schlüchtern. Kopfzerbrechen bereiten den Schlüchterner Liberalen einige Beschlüsse aus der letzten Stadtverordnetenversammlung. Insbesondere in einem Kurswechsel zur Entwicklung des Langer Areals sehen sie drohendes Risikopotenzial aufziehen.
Was war passiert? Dazu hilft ein Blick zurück: „Auch wenn aus liberaler Sicht generell der Grundsatz ,privat vor Staat’ gilt, stehen wir dem Ankauf des Langer-Areals durch die Stadt Schlüchtern grundsätzlich positiv gegenüber. Wir betrachten dies als einmalige historische Chance, die Innenstadt an dieser 1a-Lage für die nächsten Jahrzehnte neu zu entwickeln.“, erklärte Alexander H. Klüh, Vorsitzender der FDP Schlüchtern-Sinntal, als die Stadt das Areal in 2018 erwarb. “Zudem wurde damals angekündigt, mit dem Erlös aus dem Verkauf des restlichen Grundstücks solle – neben der bestehenden Förderkulisse – das Projekt Kultur- und Begnungszentrum finanziert werden”, erinnert Klüh. Nun ist der Langer mittlerweile abgerissen und das Kultur- und Begegnungszentrum kostet in der aktuellen Planung bereits deutlich mehr, als ursprünglich kommuniziert.
Jetzt zurück zur letzten Stadtverordnetenversammlung: Entgegen der bisherigen Planung beschlossen die Stadtverordneten nun auch die Wohnbebauung auf dem Gelände selbst übernehmen zu wollen. Nur wenn dies nicht gelinge, soll das Gelände erst Investoren angeboten werden. Dagegen votierte die FDP und plädierte dafür, beim ursprünglichen Konzept zu bleiben. “Das ist das Pferd von hinten aufgezäumt!”, meint der Immobilienspezialist und -makler Jo Härter, der bei der Kommunalwahl für die FDP Schlüchtern kandidiert. Dass sich, wie von der Stadtverwaltung propagiert, für eine 1a Innenstadtlage keine Investoren für eine Wohnbebauung finden lassen, hält er für ausgeschlossen. “Allerdings drei Anrufe bei heimischen Unternehmern als ‘Markterkundungsverfahren’ zu bezeichnen, ist auch abenteuerlich. Möglicherweise sollte man das Profis überlassen”, so Härter. Auch in der entsprechenden Debatte in der Stadtverordnetenversammlung sei mit viel Halbwissen argumentiert worden: “Bezahlbarer Wohnraum, sozialer Wohnungsbau, gemeinwohlorientierter Wohnungsbau – diese Begrifflichkeiten wurden synonym verwendet, meinen aberganz unterschiedliche Dinge. Und das moderne Wohnungen barrierefrei gestaltet werden, ist ohnehin Standard”, führt Jo Härter aus. Sein Credo: “Nicht alles, was gefördert wird, muss auch gebaut werden! Das gestaltende Element der Volkswirtschaft ist und bleibt der Unternehmer.”
In diesen Tenor stimmt auch Jan Rintelmann ein: Der 21-jährige Niederzeller ist in der Finanzbranche tätigund hält das Langer-Areal ebenfalls für sehr attraktiv für Investoren: “Über das strukturierte Bieterverfahren hat die Stadt alle Einflussmöglichkeiten auf die künftige Bebauung, ohne ein eigenes Risiko einzugehen. Neben Wohnungen in verschiedenen Ausgestaltungsformen könnten wir uns im gewerblichen Teil auch ein Gründerzentrum vorstellen, das beispielsweise von der Stadtentwicklungsgesellschaft betreut werden könnte. Auch die Einrichtung von Co-Working-Spaces ist ein zeitgemäßes Konzept: Hier kann man sich flexibel und je nach Bedarf einmieten, denn nicht jeder hat räumlich die Möglichkeiten, sich ein Home-Office einzurichten.”
Es bleibt die Frage nach dem Kurswechsel: “Das ursprüngliche Konzept mit Ankauf des Areals, Errichtung des Kultur- und Begegnungszentrum und der Weiterveräußerung des restlichen Geländes in einem strukturellen Bieterverfahren war durchdacht und beschlossen. Hier besteht Aufklärungsbedarf, woher der Sinneswandel kommt, was gebaut werden soll und wer das alles finanzieren soll”, befindet Jo Härter.